5 Denken, 5.3 Aufmerksamkeit,

 5.3.1 aktive / passive Aufmerksamkeit



Hans Asperger: Heilpädagogik 1965: (...) Es ist also nicht oder nicht nur die landläufige Konzentrationsstörung vieler neuropathischer Kinder zu beobachten, die von allen äußeren Reizen, von jeder Bewegung und Unruhe um sie her von ihrem Arbeitsziel abgelenkt werden („passive Aufmerksamkeit“). Diese Kinder sind vielmehr von vornherein gar nicht geneigt, ihre Aufmerksamkeit, ihre Arbeitskonzentration auf das zu richten, was die Außenwelt, in diesem Falle die Schule, von ihnen verlangt. Wie in ihren anderen Benehmensschwierigkeiten, so sind sie auch in dieser Störung von außen her sehr schwer zu beeinflussen. (S. 189 / 190)





Hans Asperger: Heilpädagogik 1965: (...) Diese Kinder produzieren vor allem spontan, können originell sein, aber nur in herabgesetztem Maße lernen, nur schwer mechanisiert werden, sind gar nicht darauf eingestellt, Kenntnisse und Fähigkeiten von den Erwachsenen, etwa vom Lehrer, zu übernehmen. Darin liegen ihre besonderen Fähigkeiten und ihre besonderen Schwierigkeiten begründet. (S. 183)





In der Schule



Susanne Schäfer: Sterne, Äpfel und rundes Glas, Verlag Freies Geistesleben: (...) Es war ein ganz spezieller Mangel an Konzentration, der mir in der Schule zu schaffen machte. Da half keine Willenskraft, ich konnte mich nur kurz auf den Lehrer konzentrieren. Andererseits konnte ich mich intensivst stundenlang auf etwas konzentrieren, wenn es mich wirklich interessierte. Nur, leider kann echtes Interesse nicht aufgezwungen werden. S.54





Nicht wollen können



Gunilla Gerland: Ein richtiger Mensch sein, Verlag Freies Geistesleben: (...) Die Tatsache, dass ich bei manchen Gelegenheiten tatsächlich zuhören konnte, schien die Theorie der Erwachsenen zu untermauern: wenn ich überhaupt nichts hörte, beruhte das auf Faulheit und Lustlosigkeit. „Du kannst es, wenn du willst!“
Wollen? Ich konnte nicht noch mehr Willen in mir finden, als ich schon in Gebrauch hatte. Was meinten sie damit? Was wollten sie eigentlich von mir? (S.107)





Gabrijela Mecky Zaragoza,.: Meine andere Welt; Vandenhoek & Ruprecht, Göttingen 2012 (...) „Und dann gab es da noch das rätselhafte Erschöpfungssyndrom, das mich bis heute überfällt, wenn Forderungen an mich gestellt werden, die ich ungern erfülle. Bei den häuslichen Pflichten war gewiss eine Portion Faulheit mit am Werk, wenn ich als Kind den Bitten meiner Mutter nur widerwillig nachkam: Ich wollte einfach lieber lesen als den Tisch aufdecken oder die Spülmaschine ausräumen. Bei den sozialen Pflichten aber ging es um mehr als Faulheit: Es gibt genügend Fallbeispiele, die belegen, dass ich wesentlich mehr Energie benötige, um mich in sozialen Situationen zurechtzufinden, geschweige denn wohlzufühlen, vor allem, wenn sie mir ungelegen kamen oder Themen, die mich nicht ansprachen, oder Menschen, die ich nicht mochte, mit sich brachten. Dennoch stellt sich die Frage: Konnte ich nicht oder wollte ich nicht?“ S.63









5.3.2 Multitasking



Niemals gleichzeitig



 Dianas Aspergerseite: (...) Ein normales Gehirn funktioniert so, dass alle Sinneskanäle parallel (gleichzeitig) online sind.

Mein 'anderes' Gehirn funktioniert so, dass alle Sinneskanäle seriell (nacheinander) online gehen.

Zwischen den Zuleitungen der sensorischen Nervenbahnen und der Verarbeitung im Gehirn ist ein Schalter aktiv, der immer nur eine einzige Zuleitung freigibt. Esse ich bewusst ein Eis - stolpere ich beim Laufen, höre ich bewusst Musik, tut mein Hirn nichts anderes, als Musik - also Akustik aufzunehmen. Es geht sogar so weit, dass bei taktilen Reizen (beim tasten oder fühlen) beispielsweise wenn meine Hand auf meinem Knie liegt, ich entweder das Knie in der Hand fühle (Hand ist taktil eingeschaltet), oder aber die Hand auf dem Knie fühle (Knie ist taktil eingeschaltet).

www.aspiana.de





Wechsel der Aufmerksamkeit



Dianas Aspergerseite: (...) Wenn ich chatte, chatte ich. Wenn ich telefoniere (was selten genug vorkommt), dann telefoniere ich. Wie schwer es mir fällt, vom chatten auf telefonieren umzuwechseln habe ich oft gemerkt - mein Chatpartner wollte eben anrufen, und ich wollte nicht. Mein Telefonpartner wollte auflegen, aber dafür in den Chat kommen - und ich wollte das nicht, es sollte gefälligst alles bleiben, wie es war.

Ich kann es nicht leiden, von einem Zustand in einen anderen 'hinübergewechselt zu werden'. Ich möchte selber entscheiden können, wann ich bereit bin für eine andere Sache. Kommt ein Familienmitglied mit dem Telefon und sagt: "Hier ist Soundso für Dich am Telefon", und gibt mir den Hörer, dann kriege ich die ersten Worte von Soundso verstandesmäßig nicht mit - und das ist keine Absicht!






Susanne Schäfer: Sterne, Äpfel und rundes Glas, Verlag Freies Geistesleben: (...) Zu viele Eindrücke, zu vieles, auf das man sich gleichzeitig einstellen muss, wirkt auf Susanne stressiger als auf andere Menschen. Sie muss eine Sache nach der anderen erledigen. Sie kann nicht gleichzeitig arbeiten und reden wie die anderen auf der Arbeitsstelle. Sie schafft es auch nie, gleichzeitig zu sprechen und zu essen. S.250









5.3.3 Monotropismus